Kongokonferenz

Kongokonferenz
I
Kongokonferenz
 
Während des Berliner Kongresses 1878 verständigten sich die Großmächte auch über ihre Afrikapolitik. Der britische Vorschlag, Frankreich möge sich als Ausgleich für die britische Erwerbung Zyperns Tunesiens bemächtigen, fand die Unterstützung des deutschen Reichskanzlers Bismarck, der sich von einem französischen Engagement in Afrika eine Ablenkung von möglichen Revanchegedanken erhoffte.
 
In den Siebzigerjahren hatte in fast allen europäischen Staaten ein Meinungsumschwung in der Bewertung eigenen kolonialen Besitzes eingesetzt. Vor allem in den Industriestaaten setzte ein neuer Nationalismus die Regierungen unter Druck, Kolonien zu erwerben, um zusätzliche Absatzmärkte für die heimische Industrie zu gewinnen und um im Konkurrenzkampf mit den anderen Mächten strategische Vorteile zu erlangen. Frankreich nahm 1881 Tunesien in Besitz, aber der britische Alleingang 1882 in Ägypten, der mit der militärischen Besetzung des Landes am Nil endete, verursachte in Frankreich eine tiefe Verstimmung, die in den Folgejahren eine deutsch-französiche Kooperation in Fragen der Kolonialpolitik ermöglichte.
 
Bismarck entschloss sich nur zögernd zu einer eigenen Kolonialpolitik und vollzog erst 1884/85 die Umwandlung der von Kaufleuten erworbenen Gebiete in Afrika (Togo, Kamerun, Ost- und Südwestafrika) und im Pazifik in »Schutzgebiete« des Deutschen Reiches. Gegen britische Pläne, den Kongo-Freistaat des belgischen Königs Leopold II. in Abstimmung mit Portugal vom Mündungsgebiet des Kongo abzuschneiden, erhoben Deutschland und Frankreich gemeinsam Protest. Der Einladung Bismarcks zu einer internationalen Konferenz nach Berlin, auf der die Probleme des Kongo-Freistaates behandelt werden sollten, leisteten 13 europäische Staaten Folge, ebenso die USA und das Osmanische Reich.
 
Diese Konferenz legte mit der am 26. Februar 1885 verabschiedeten Kongo-Akte den Status des Kongo-Freistaates fest, der als persönlicher Besitz des belgischen Königs bestätigt und in seinen Grenzen festgelegt wurde. Die Freiheit der Schifffahrt auf Kongo und Niger sollte zugleich die Neutralität des Kongobeckens unterstreichen. Die Festlegung von Kriterien für die völkerrechtliche Anerkennung von Kolonialbesitz löste einen Wettlauf um die bisher noch nicht beanspruchten Gebiete Afrikas aus, obwohl auf der Konferenz versucht wurde, Machtkämpfe der europäischen Staaten untereinander in Zentralafrika zu vermeiden. Am Ende des Jahrhunderts war Afrika bis auf Liberia und Äthiopien unter den europäischen Staaten aufgeteilt. Die deutsch-französische Annäherung in Kolonialfragen war bereits 1885 wieder beendet.
II
Kọngokonferenz,
 
auf belgische Veranlassung von Bismarck einberufene internationale Konferenz in Berlin (15. 11. 1884 bis 26. 2. 1885) zur Lösung des Kongoproblems. Anlass war eine von Großbritannien unterstützte Klage Portugals gegen die belgische Kolonialisationspolitik am Kongo. Die erarbeitete Kongoakte bestätigte den »Unabhängigen Kongostaat« als Eigentum des belgischen Königs Leopold II., erkannte den Besitz Frankreichs nördlich des Kongounterlaufs (Brazzaville) an, erklärte das Kongobecken samt seinen Nebenflüssen für neutral, setzte die Freiheit des Handels und der Schifffahrt auf dem Kongo fest und verbot den Sklavenhandel. Die Kongokonferenz stellte den Höhepunkt des deutsch-französischen Einverständnisses in der Kolonialpolitik dar und verhinderte ein britisches Kolonialmonopol.

Universal-Lexikon. 2012.

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